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Ein wichtiges Werk auf Deutsch und Türkisch: „Von Türken und Wienern-Türkler ve Viyanalılar“

Die türkische Republik feiert 2023 ( Gegründet: 1923) ihr hundertjähriges Bestehen und "Die Türkische Allgemeine" macht es sich zu diesem besonderen Anlass zur Aufgabe, sich in ihren Nachrichten, Projekten und Analysen besonders Themen der österreichischen Herkunft zu widmen. Das erste dieser ambitionierten Projekte und Studien dürfen wir Ihnen, im Folgenden als Interview präsentieren.

von Birol Kilic 
WIEN.
 Elmar Samsinger, der 1954 in Innsbruck, der idyllischen, altstädtischen Hauptstadt Tirols geboren wurde, lebt heute in Wien, ist pensionierter Richter und Experte auf seinem Gebiet. Unser Thema soll heute aber nicht auf dem Gebiet der Justiz sein. Samsinger macht mit seinen wichtigen Nachforschungen auf das Osmanische Reich, die Österreichisch-Ungarische Monarchie und ihre Nachfolgeländer nicht nur aufmerksam, sondern vor allem neugierig. Seine Bücher sind besonders für Forscher, Journalisten, Wissenschaftler und Politiker als Quelle jetzt und auch in Zukunft durchaus bedeutend.

Dem Verlagszentrum der Neuen Heimat Zeitung und dessen Herausgeber, Birol Kilic, ebenfalls Herausgeber der „Türkischen Allgemeinen, des Einspruches und des Neue Welt Verlags“ , stellte Samsinger einen Besuch ab und stellte sein neues, zweisprachiges Werk „Von Türken und Wienern-Türkler ve Viyanalılar“ mit großer Begeisterung vor.  Es ist somit eines einer Reihe von Büchern, die Samsinger veröffentlicht hat und die wichtigen Aufschlüsse zur „Monarchie“ und den vielfältigen Beziehungen zwischen Donaumonarchie und der Levante, bzw. dem Osmanischen Reich verständlich darlegen. Levante ist eine Beschreibung mit geografischem, historischem und kulturellem Bezug mit ungewissen Grenzen, die verwendet wird, um ein großes Gebiet an der Ostküste des Mittelmeeres zu beschreiben. Die Levante, die zum größten Teil innerhalb des ehemaligen Osmanischen Reiches lag, stellte in der Vergangenheit ein wichtiges Gebiet für Österreich und seine Herrschaft dar. Samsinger, der sowohl Ausstellungen in Wien, Meran, wie auch in Triest und Istanbul kuratiert hat, arbeitete auch als Berater für die Kultursender ARTE und ORF III. Zu seinem zweisprachigen Buch „Von Türken und Wienern-Türkler ve Viyanalılar“ gab Elmar Samsinger ausführlich Auskunft und beantwortet die „Fragen“ auch schriftlich.

Herr Samsinger das Buch „Von Türken und Wienern.“ ist  ein sehr auffälliger Titel für ihr neues Buch, das dezitiert  die Wiener Türkenbelagerungen auch groß zum Inhalt hat?

Samsinger : Das politische Klima zwischen der Türkei und Österreich war in den letzten Jahren ziemlich durchwachsen. Ich habe daher einen Titel gesucht, der diesen Gegensatz nicht aufkommen lässt. Ein weiterer Grund war, dass die außenpolitischen Beziehungen zur Türkei immer Angelegenheit der Wiener Regierungen waren und zudem viele Diplomaten ihre Ausbildung an der Orientalischen, heute Diplomatischen Akademie in Wien erhielten. Schließlich hat mir der Gedanke gefallen, dass die auf Grund des Buchtitels erwarteten Türkenkriege gar nicht vorkommen.

Elmar Samsinger besuchte Yeni Vatan Gazetesi-Neue Heimat Zeitung

Also keine Türkenbelagerung?

Samsinger : Ja, keine Türkenbelagerung, bis auf 4 historische Künstlerkarten am Beginn des Buches. Das Buch Von Türken und Wienern hat knapp 230 Seiten. Es überrascht, dass man ohne Behandlung der langen Auseinandersetzungen zwischen Habsburgern und Osmanen ein so umfangreiches Buch schreiben kann. Fragt man heute einen (gebildeteren) Wiener auf der Straße nach den Türken, kommt meist die Türkenbelagerung 1683, allenfalls Kolschitzkys Kaffeehaus. In der Türkei erinnert man sich vielleicht an den Architekten Clemens Holzmeister in Ankara oder das Sankt Georgs Krankenhaus in Istanbul, wenn von Österreich die Rede ist. Die österreichisch-türkische Geschichte der letzten 230 Jahre ist jedoch viel bunter, und sie war, trotz mancher Sturmböen, eine beidseitige Erfolgsgeschichte. Nur kennt sie kaum jemand und diesem Mangel versucht das vorliegende Buch abzuhelfen.

Nennenswert waren hier wohl in erster Linie die ökonomischen Beziehungen?

Nicht nur. Mit dem Frieden von Sistowa zwischen Kaiser und Sultan endete 1791 der letzte Krieg der beiden Großreiche. In der Folge kamen vermehrt Österreicher an den Bosporus und in andere Hafenstädte der Levante. Die Kolonie der Donaumonarchie war mit mehr als 10.000 Personen die größte Ausländergemeinde in Konstantinopel. Die Einwanderer kamen überwiegend aus den armen, südöstlichen Gebieten Österreichs. Man würde sie heute als Wirtschaftsmigranten bezeichnen, die in der Türkei ein besseres Leben erhofften und vielfach auch fanden. Ihnen standen in den großen levantinisch geprägten Hafenstädten wie Konstantinopel, Saloniki, Smyrna, Alexandria oder Kairo k.u.k. Konsulate, österreichische Schulen und Krankenhäuser und nicht zuletzt Wohltätigkeitseinrichtungen zur Verfügung. In Istanbul besteht heute noch das Sankt Georgs Krankenhaus und das Sankt Georgs Kolleg sowie in Yeniköy am Bosporus die vormalige Sommerresidenz des k.u.k. Botschafters. Der Palast beherbergt heute das österreichische Generalkonsulat und das Kulturforum.

Daneben war der Handel zwischen Osmanischem Reich und  Habsburgermonarchie doch sicher auch bedeutend?

Zwei Exportprodukte dominierten den Warenaustausch zwischen den beiden Reichen, Tabak aus der Türkei und Zucker aus Österreich. Daneben waren Brauereien aus der Donaumonarchie marktbeherrschend, man lieferte auch Papier, Glas, Zündhölzer, Konfektionswaren, Schuhe und vieles mehr. Ein Produkt aus Böhmen war im Straßenbild levantinischer Städte jedenfalls unübersehbar: die türkische Kappe, auch Fez genannt. Hier war man im gesamten Orient Nummer 1. Allerdings nahmen viele Fabrikanten und Händler die guten Chancen, welche die Nachbarschaft geboten hätte, bei weitem nicht wahr. Bequemlichkeit und mangelnde Risikobereitschaft waren die Ursachen. Das Osmanische Reich exportierte umgekehrt Rohstoffe und landwirtschaftliche Produkte in die Donaumonarchie.

Konsulate, Wirtschaftsmigranten, Feze – war das alles, was die Donaumonarchie in der Levante zu bieten hatte?

Der Österreichische Lloyd, die größte Reederei im östlichen Mittelmeer und zahlreiche k.k. Postämter in allen wichtigeren Levantehäfen waren für Handel und Verkehr unverzichtbar. Sie hielten neben den Konsulaten Österreichs Flagge hoch. Schifffahrtslinien und Postämter waren auch für Frankreich, England, Russland und später Deutschland und Italien Prestigesache. Sie demonstrierten so ihre Präsenz im Osmanischen Reich. Die Österreichischen Levante-Postämter behaupteten sich jedoch glänzend und verteidigten bis zum Ende fremder Postanstalten im Osmanischen Reich 1914 ihre hervorragende Stellung im Postverkehr. Sie wurden auch von der einheimischen Bevölkerung ausgiebig genutzt. Selbstverständlich zierten die Briefmarken der k.k. Levante-Post Bildnisse von Kaiser Franz Joseph, die Werte der Marken lauteten jedoch auf Piaster und Para.

Und die Osmanen in Wien?

Prominent vertreten war das Osmanische Reich in Wien bei der Weltausstellung 1873. Schon 1867 hat Abdülazis als erster Sultan die Reichshaupt- und Residenzstadt besucht. Osmanische Untertanen waren dagegen vergleichsweise dünn gesät. Es gab einige im Orienthandel sehr erfolgreiche sephardische Juden, Griechen, Armenier, aber kaum Türken. Selbst osmanische Botschafter und das diplomatische Personal in Wien waren im 19. Jahrhundert vielfach keine ethnischen Türken.

Der erste Teil des Buches Von Türken und Wienern beginnt mit einem Bild Kaiser Franz Josephs, der zweite Teil mit Atatürk – ein Bruch in den Beziehungen?

Im Ersten Weltkrieg waren Osmanisches Reich und Habsburgermonarchie Verbündete. In der Türkei kämpften österreichische Verbände, vor allem Geschützbatterien, in Gallipoli und Palästina. Sie stießen mit osmanischen Truppen bis an den Suezkanal vor. Umgekehrt unterstützten türkische Soldaten die k.u.k. Armee in Galizien bei der Abwehr russischer Invasoren und leisteten einen hohen Blutzoll. Die beiden Vielvölkerstaaten haben den Krieg bekanntlich nicht überlebt. An ihre Stelle traten 1918 beziehungsweise 1923 die Republiken Österreich und Türkei. Eine Neuordnung der Beziehungen war daher unumgänglich.

Konnten die beiden Republiken in der Folge auf alte Traditionen zurückgreifen?

Der Beginn war schwierig. In Österreich glaubten nur Wenige an die Überlebensfähigkeit des geschrumpften Kleinstaates. Mustafa Kemal, nachmals Atatürk, musste die besetzte Türkei überhaupt erst befreien und den Staat in den heutigen Grenzen errichten. Auf beiden Seiten stand man innen- wie außenpolitisch aber auch wirtschaftlich und kulturell vor einem grundlegenden Neubeginn. Dass die alten Beziehungen zum Teil dennoch weiterlebten, zeigt etwa, dass die ersten diplomatischen Vertreter Österreichs und der Türkei bereits in den untergegangenen Reichen bedeutende Positionen innehatten: Hamdi Bey war Kommissär des osmanischen Weltausstellungsbeitrags 1873, August Kral k.u.k. Generalkonsul in Smyrna.

Nach den großen Umbrüchen, wie organisierte man so einen Neubeginn?

Die Wiederaufnahme der Beziehungen zwischen den Republiken Türkei und Österreich nach dem Ersten Weltkrieg begründete ein Handelsabkommen. 1924 nahm man dann diplomatische Beziehungen auf. Auf Initiative des Gesandten Krals wurde 1925 der Verein der Österreicher in Istanbul ins Leben gerufen. Die Kolonie hatte allerdings nur mehr 160 Mitglieder. Ende 1925 zählte eine in Wien gegründete Österreichisch-orientalische Handelskammer bereits 150 Mitglieder, darunter eine größere Zahl türkischer Firmen. Dem Austro-orientalischen Industriesyndikat gehörten 21 Firmen an. Diese Aktivitäten machten sich durchaus bezahlt. Österreich übertraf 1927 nicht nur sämtliche Nachfolgestaaten, sondern auch Deutschland und Italien. Eine gute Gelegenheit alte Beziehungen aufzufrischen, bot 1926 auch das erste Fußballspiel zwischen Mannschaften der beiden Länder. Die österreichischen Kicker gewannen damals noch.

Hat sich die Zahl der Österreicher in der Türkei in der Folge wieder vergrößert?

Staatsgründer Kemal Pascha Atatürk berief in den 1920ern zahlreiche Künstler und Wissenschaftler aus Österreich, die ihn beim Aufbau der modernen Türkei unterstützten. Allen voran Clemens Holzmeister, der zahlreiche Regierungsbauten in Ankara errichtete. Die großen Reiterstandbilder Atatürks in Ankara und Samsun schuf der Wiener Bildhauer Heinrich Krippel. Dazu kamen auch Hochschullehrer, Operndirektoren und Techniker. Der österreichische Fotograf Othmar Pferschy erhielt den Auftrag, die moderne kemalistische Türkei abzulichten. Ein dicker Bildband ist heute noch ein eindrucksvolles Zeugnis der Fortschritte, die Atatürks Türkei in den 1920er und 30er-Jahren machte. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland und Österreich retteten sich schließlich zahlreiche prominente Wissenschaftler in die Türkei, die dem Universitätswesen ihren Stempel aufdrückten.

Sie alle blieben in der Türkei?

Nein, fast alle mussten nach dem 2. Weltkrieg die Türkei wieder verlassen. Atatürk wusste westliches Know-how zwar zu schätzen, wollte jedoch nicht wie im Osmanischen Reich fremder Dominanz Vorschub leisten. Er nutzte die ausländischen Fachleute für die Heranbildung der türkischen Jugend, die diese dann ersetzten.

Zog es nun auch Türken vermehrt nach Österreich?

Österreich erlebte ab den 1960-er Jahren ein rasantes Wirtschaftswachstum. Dieses war mit heimischen Arbeitskräften nicht zu bewältigen. Man schloss daher auch mit der Türkei Anwerbeabkommen. In der Folge zogen seit 1964 zahlreiche einfache Türken vom Land, überwiegend aus Zentralanatolien, als Gastarbeiter nach Österreich. Sie leisteten bei geringen Löhnen am Bau und in Fabriken Schwerarbeit und verrichteten Tätigkeiten, zu denen österreichische Arbeiter nicht bereit waren. Ihre Unterbringung war vielfach unwürdig. Die Situation verbesserte sich nur langsam. Allerdings machte die in der Türkei herrschende Arbeitslosigkeit und das erheblich höhere Lohnniveau Österreich trotzdem attraktiv. Überweisungen der Gastarbeiter nach Hause kam auch der Türkei zugute. Da das geplante Rotationssystem von der Wirtschaft nicht angenommen wurde, holten zahlreiche Gastarbeiter ihre Familien nach. Erstmals in der Geschichte lebte nun eine größere Zahl von Türken in Wien und in den Bundesländern. Es ist unbestritten, dass Österreich das Wirtschaftswunder nach dem Zweiten Weltkrieg auch Gastarbeitern zu danken hat.

Die Situation am Arbeitsmarkt hat sich seither allerdings grundlegend verschärft. Wie kam das und was hat sich für türkische Gastarbeiter dadurch geändert?

Der Erdölschock 1973 ließ die Wirtschaft in Österreich einbrechen. Der Bedarf ausländischer Arbeitskräfte sank. Dies führte 1975 zur Erlassung eines Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Damit war die Zeit des liberalen Zuzugs ausländischer Arbeitskräfte zu Ende. Bis 1979 fiel die Zahl der Gastarbeiter von 250.000, davon rund 30.000 Türken, auf etwa 170.000. Da Politik und Sozialpartner der Meinung waren, dass Österreich kein Einwanderungsland sei, bemühte man sich nicht um die Integration der Gastarbeiter. Mit Anziehen der Konjunktur begann Mitte der 1980er-Jahre eine zweite Gastarbeiterwelle, nicht zuletzt aus der Türkei, zu rollen.

Wie groß ist der Anteil der türkischstämmigen Bevölkerung in Österreich heute?

Staatsangehörige der Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens und der Türkei machen heute fast zwei Drittel der zugewanderten Bevölkerung aus. Türkische Staatsangehörige bilden nach Deutschen die drittstärkste Ausländergemeinde. Man schätzt die Gesamtzahl der Personen mit türkischer Abstammung in Österreich auf insgesamt etwa 270.000 bis 300.000, man spricht sogar von ca. 400.000. Etwa 40% der Türken leben heute in Wien, gefolgt von Nieder- und Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg. Zwischen 1995 und 2008 wurden rund 110.000 Türken die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Es ist sicherlich jetzt mehr als diese Zahl. Zwischen 2008 und 2018 waren es dann nur mehr etwa 12.000.

Was macht die Integration vieler Türken so schwierig?

Etwas mehr als die Hälfte der Türken in Österreich gilt als traditionell, religiös und konservativ. Deren Lebensweise und ihr Zugang zu westlich-säkularen Vorstellungen, etwa zur Stellung der Frau oder der Religion in Staat und Gesellschaft, ist vielfach von konservativen Werten geprägt. Laut Beobachtungen sind diese Einstellungen machen Integration nicht eben leichter und tragen die Gefahr von Parallelgesellschaften in sich. Fast zwei Drittel der jungen türkischen Staatsbürger verfügen nur über einen Pflichtschulabschluss. Ihre Arbeitslosenquote liegt signifikant höher als jene von Österreichern und anderer Ausländergruppen. Selbst die inzwischen vierte Generation der ehemaligen türkischen Gastarbeiter arbeitet vielfach noch immer im Niedriglohnbereich. Viele Türken nehmen in Österreich ihre sozioökonomischen Aufstiegschancen nicht wahr, obwohl sie im Hinblick auf den bestehenden Mangel an qualifizierten Arbeitskräften dafür gute Möglichkeiten hätten. Allerdings gibt es auch zahlreiche gut integrierte türkische Zuwanderer. Rund 13% aller Türken haben einen höheren Bildungs-, 26% einen Lehrabschluss. Die in der österreichischen Wirtschaft und Gesellschaft integrierten Türken bereichern viele Branchen, darunter Handwerker, Händler, Dienstleister, Unternehmer, Künstler, Journalisten, Politiker Ärzte, Ingenieure, Rechtsanwälte, Steuerberater, bis hin zum Universitätsprofessor.

Und die Wirtschaftsbeziehungen?

Zwischen der Europäischen Union und der Türkei besteht seit 1963 (EWG) ein Assoziationsabkommen. Mit vollständigem Inkrafttreten der Zollunion wurden 1996 sämtliche Zölle abgebaut und ein gemeinsamer Außenzoll vereinbart. Durch die Einführung marktwirtschaftlicher Strukturen in der Türkei intensivierten sich die beidseitigen Wirtschaftsbeziehungen. Der Türkei kommt eine politische und wirtschaftliche Brückenfunktion zwischen Europa und Asien zu. Das Land ist ein bedeutender Wirtschaftspartner Österreichs. Das gemeinsame Außenhandelsvolumen betrug vor der Corona-Krise fast drei Milliarden Euro. Seit 2006 investieren namhafte österreichische Unternehmen in der Türkei. Österreich war in den vergangenen Jahren einer der stärksten Direktinvestoren. Unter ihnen finden sich so prominente Namen. Die wirtschaftlichen Aktivitäten österreichischer Firmen werden von den Außenwirtschaftscentern Istanbul und Ankara der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) tatkräftig unterstützt.

Wie sieht das wirtschaftliche Engagement türkischer Unternehmen in Österreich aus?

Die türkischen Direktinvestitionen in Österreich betrugen vor der Corona-Krise rund 200 Millionen Euro, Tendenz steigend. Hier ist an erster Stelle die VakifBank International AG in Wien zu nennen. Arcelik (Koc Gruppe) kaufte vor Jahren Elektra Bregenz. Turkish Telekom International hat sich in Wiener Neustadt, Rönesans Bau und Chemson Polymer-Additive AG in der Bundeshauptstadt niedergelassen. Vertriebsnetze unterhalten in Österreich Yatas Enza Home (Wien) oder Sarar Bekleidung (Salzburg). Mit Turkish Airlines flogen 2018 mehr als eine halbe Million Fluggäste von und nach Wien/Schwechat, darunter 125.000 türkische Touristen. Der Caterer Do & Co und die Türkischen Fluglinie haben 2018 ihre Kooperation über eine gemeinsame Firma für weitere 15 Jahre vereinbart. Auch die türkische Pegasus Arlines fliegt regelmäßig Wien an.

Wie sehen Sie als Österreicher und Autor, der eine Reihe von Büchern mit Türkeibezug verfasst hat, die Zukunft der Beziehungen der beiden Länder?

Das Osmanische und das Habsburgerreich verbanden eine jahrhundertelange, vielfach konfliktreiche Geschichte. Beide Großreiche waren einander jedoch auch immer Herausforderung und Inspiration. Die Beziehung der beiden Republiken währt demgegenüber erst knappe 100 Jahre. Auch wenn man politisch zuweilen – meist aus innenpolitischen Gründen – nicht einer Meinung war und ist, Zusammenarbeit und gemeinsame Interessen standen jedoch nie in Frage. Mit gegenseitiger Achtung, die auch kritische Töne vertragen muss, sollte es gelingen, die Zukunft der Republiken Österreich und Türkei zum Vorteil beider Staaten und ihrer Bewohner zu gestalten. Zuletzt haben sich die bilateralen Beziehungen erheblich gebessert, auch die Grabungsgenehmigung österreichischer Archäologen in Ephesos wurde erneuert. Dies alles gibt zu berechtigten Hoffnungen Anlass.

Ihr eben erschienenes Buch „Von Türken und Wienern – Türkler ve Viyanalılar“  ist ein fundierter Beitrag gegenseitigen Wissens und Verständnisses. Gab es dazu auch einen äußeren Anlass für das Werk?

Das zweisprachige Buch beleuchtet die vielfältigen Beziehungen der beiden Staaten in den letzten 230 Jahren. Es ist dem hundertjährigen Bestehen der Republik Türkei 2023 sowie diplomatischer Beziehungen zwischen Österreich und der Türkei 2024 gewidmet. Diese Jubiläen sind für beide Nationen Grund zum Feiern.

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