Bürgermeister Yavaş von Ankara kam mit Imamogels Videobotschaft im Gepäck in Wien an!
von Birol Kilic, Beobachtungen und Analysen aus Wien 01.07.2025
Ankaras Bürgermeister Yavaş trifft Ludwig in Wien als Ehrengast des Weltstädtegipfels und ruft in einer Videobotschaft zur Freiheit des Istanbuler Bürgermeisters Imamoglu auf: „Dies ist nun eine Frage der Heimat“
Gemeinsam essen sie mit Ludwig in einem türkischen Restaurant. Es handelt sich um eine 0815 normale und gute Prozedur.
Ludwig distanzierte sich, Yavas verteidigte Imamoglu
Viele fragen sich, was der Wiener Bürgermeister bezüglich der Verhaftungen des Istanbuler Bürgermeisters und vieler CHP-Gemeindebürgermeister jetzt beim Treffen mit Ankaras Bürgermeister in Wien sagen wird. In einem Interview mit der „Presse“ sagte Bürgermeister Michael Ludwig am 18.04.2025: „Meine Einstellung zu diesem Bürgermeister ist wie zu jedem anderen in der Politik, gegen den derzeit Korruptionsvorwürfe in verschiedenen Ländern erhoben werden. Ich äußere mich nicht dazu, weil ich es auch nicht beurteilen kann.“ Auf die Nachfrage, ob er also damit rechne, dass es in der Türkei ein normales rechtsstaatliches Verfahren gibt und die Gerichte unabhängig agieren, antwortete er schließlich: „Solange nichts Gegenteiliges bewiesen wird.“
Man kann Ludwigs Haltung hier respektieren und zur Kenntnis nehmen. Vielleicht könnte er nach dem Treffen mit seiner Ehrengast einen anderen Überblick bekommen als den, den seine Berater ihm gegeben haben. Wie leben in Wien und hier trinken wir einen Verlängerten Kaffee und nennen es nicht bitte Americano! Kaffee stammt aus der Türkei aber Wien ist das Zentrum der Kaffeewelt! Alles hat seine Zeit und mit einer Tasse Melange kann man in Wien über alles reden.
Imamoglu ist aber nicht alleine. In einem Videoclip, der auf Instagram veröffentlicht wurde, sprechen sich eine Reihe europäischer Bürgermeister für den inhaftierten Istanbuler Bürgermeister aus. „Wir stehen an der Seite Imamoğlus“, sagen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, „wir stehen an der Seite der Demokratie in der Türkei.“ Neben der Anne Hidalgo, der Bürgermeisterin von Paris, sind auch die Bürgermeister von Amsterdam, Barcelona, Mailand, Zagreb, Danzig, Athen, Helsinki und weiterer Städte zu sehen.
„Seit 100 Tagen sitzt der Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu, der wichtigste Gegenspieler von Präsident Recep Tayyip Erdoğan, in Haft. Europa ist zu schwach, um Druck auszuüben.“ schreibt heute Özlem Topcu in einem Leitartikel auf Spiegel.de
Was ist passiert?
Seit 100 Tagen ist der Instanbuler Bürgermeister ohne Anklageschrift in Haft. Jeden Tag gibt es in Istanbul und der gesamten Türkei Proteste, die von der CHP, einer Schwesterpartei der SPÖ, in der Türkei trotz Verhaftungen, Unterdrückungen und Drohungen von der Regierungsseite organisiert wird. In der Türkei herrscht eine der dunkelsten Zeiten der über einhundert Jahre bestehenden Republik. Die gesamte EU schweigt gegenüber ihrem Nachbar und assoziierten Mitglied Türkei.
Der Großbürgermeister der türkischen Hauptstadt Ankara, sandte vor seiner Ankunft in Wien eine Videobotschaft, in der es um den inhaftierten Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu ging.
Yavaş, der an der Versammlung zum 100. Tag der Verhaftungen und Operationen gegen den Istanbuler Bürgermeister in der Türkei nicht teilnehmen konnte, weil er sich in Wien aufhielt, sandte eine Videobotschaft. Darin rief er die Oppositionsparteien auf und sagte: „Die Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters İmamoğlu ist nun eine Frage der Heimat, der Freiheit, der Demokratie und der Republik.“
Die Videobotschaft von Yavaş wurde vor der Rede des CHP-Vorsitzenden Özgür Özel gezeigt. In der Videobotschaft reagiert er auf die Operationen gegen die CHP und den Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu.
Was hat Ankaras Bürgermeister Mansur Yavaş in der Videobotschaft gesagt?
Yavaş erklärte, dass Ekrem İmamoğlu, der Bürgermeister von Istanbul, und die anderen im Zuge der am 19. März begonnenen Operation festgenommenen Bürgermeister, seit 100 Tagen ihrer Freiheit beraubt seien. Yavaş sagte:
„Außerdem liegt noch nicht einmal eine Anklageschrift vor. Es gibt keine Beweise, aber auch keine Freiheit. Ist es nur unser Präsident Ekrem? Zehn weitere vom Volk gewählte Bürgermeister der CHP sitzen im Gefängnis. Ihr gemeinsames Vergehen ist, dass sie durch den Willen des Volkes in ihr Amt gekommen sind. Wir fliehen nicht vor der Gerichtsbarkeit.“
Was sagte Yavas noch ?
Der Ehrengast von Bürgermeister Ludwig, der Großbürgermeister von Ankara, sagte in einer Videobotschaft vor seiner Ankunft in Wien Folgendes: Wir zitieren aus der türkischen Videobotschaft in deutscher Sprache ohne Kommentar:
„Diejenigen, die uns vor den Bildschirmen verfolgen, und diejenigen, die hier im Saal zuhören, sollten eines nicht vergessen: Keiner von uns flieht vor der Gerichtsbarkeit. Denn so, wie wir mit klarem Gewissen und erhobenem Haupt vor das Volk treten, so treten wir auch vor das Gericht. Außerdem genießen wir keine Immunität. Wenn wir uns eines Vergehens schuldig gemacht haben, sollen wir selbstverständlich vor Gericht gestellt werden. Aber es darf nicht vergessen werden, dass Haft nach den universellen Grundsätzen des Rechts eine Ausnahme darstellt.“
„Unsere Forderung ist klar.“
Das Wesentliche ist ein Verfahren ohne Haft. Wir werden niemals aufhören, dies zu sagen und an die universellen Grundsätze des Rechts zu erinnern. Denn wir haben uns geschworen, die Waage der Gerechtigkeit in diesem Land wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Heute erheben wir unsere Stimme in Istanbul. Morgen werden wir sie in Erzurum, Diyarbakır, Edirne, Van und Ankara erheben. Denn unsere Forderung ist klar: Recht, Gesetz und Gerechtigkeit.
„Dies ist jetzt eine Frage der Heimat.“
Und jeder soll wissen, dass es nicht mehr um dich oder mich geht. Wir werden das gemeinsam tun. Denn wir haben weder einen anderen Ausweg noch eine andere Wahl. Ohne Gerechtigkeit gibt es weder Arbeit noch Zukunft. Dies ist längst keine Parteifrage mehr.
Es ist zu einer Angelegenheit des Landes, der Republik, der Nation und der Demokratie geworden. Als Bürgermeister von Ankara bin ich als Ehrengast zur Teilnahme am Weltstädtegipfel der Bürgermeister in Wien eingeladen. Dieser findet alle zwei Jahre in unserer Partnerstadt Wien mit über 200 teilnehmenden Städten statt. Daher kann ich heute nicht in Istanbul bei Ihnen sein. Auch wenn ich heute nicht persönlich anwesend sein kann, ist unser Kampf ein gemeinsamer, unser Weg ist ein gemeinsamer. Von hier aus richte ich meinen Appell an alle Oppositionsparteien und alle, die an die Demokratie glauben.
„Wir haben kein Recht, zu verzweifeln!”
Wenn wir nicht gemeinsam handeln, verlieren wir nicht nur die Gegenwart, sondern auch unsere Zukunft. Unsere Kinder und Enkelkinder werden uns das nicht vergeben. Wir haben kein Recht, hoffnungslos zu sein. Das türkische Volk hat schwere Zeiten durchlebt und nie aufgegeben. Auch heute wird es nicht aufgeben. Die Wahl wird kommen, die Gerechtigkeit wird zurückkehren und wir werden dieses Land gemeinsam in eine strahlende Zukunft führen. Wir versprechen es: Wir werden es schaffen.“
Quellen:
Die Videobotschaft von dem Bürgermeister Mansur Yavaş
https://www.profil.at/meinung/imamoglu-ist-in-haft-und-ludwig-schweigt/403027040