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Die Türken in Wien: Geschichte einer Jüdischen Gemeinde

Die Türken in Wien: Geschichte einer Jüdischen Gemeinde

Ausstellung: 12. Mai-31. Oktober 2010, Jüdisches Museum Wien, Palais Eskeles, Dorotheergasse 11, Wien 1010

Grußadresse der “Türkisch Israelitischen Gemeinde Wien” zur Hochzeit von Kronprinz Rudolf mit Prinzessin Stephanie von Belgien. Wien 1881, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv
Zwei osmanische Orden von Emmanuel Steiner für seine Verdienste um die südliche Orientbahn in Saloniki, Saloniki um 1900, Jüdisches Museum Wien
Reise-Chanukkia, Balkan um 1700, Sammlung Max Berger

Das Jahr 1492 war ein Schicksalsjahr in Spanien, als die 800-jährige arabisch-moslemische Herrschaft durch die endgültige Reconquista beendet wurde, die Juden des Landes verwiesen wurden und Christoph Columbus sich auf eine Reise machte, die zur Entdeckung der Neuen Welt führte.

Die Ausstellung „Die Türken in Wien. Geschichte einer jüdischen Gemeinde” beschäftigt sich mit den Auswirkungen eines dieser drei wesentlichen historischen Ereignisse, die das Ende des europäischen Mittelalters markieren, nämlich mit der Vertreibung der Juden aus Spanien, die in Nordafrika, in einigen italienischen Städten, vor allem aber im Osmanischen Reich Aufnahme fanden.

Zunächst nach Portugal Geflüchtete verließen die Iberische Halbinsel später in Richtung Holland und Norddeutschland. Im Zuge der osmanischen Eroberungen in Europa konnten die Juden spanischer Abstammung, die sogenannten Sefarden, kulturell und wirtschaftlich wichtige Gemeinden auf dem Balkan gründen. In Wien hatte es bereits zur Zeit der Ghettos im Unteren Werd zahlreiche Beziehungen zwischen den Wiener und den nun türkischen Juden gegeben.

Doch erst mit den Friedensverträgen zwischen den Habsburger und dem Osmanischen Reich in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts genossen die türkischen Juden Freizügigkeit im Habsburger Reich. Nach der Gründung der türkisch- jüdischen Gemeinde in Wien wurde ihr die Freiheit gottesdienstlicher Religionsausübung zugesichert. Sie hatte ihr Bethaus von Anfang an im 2. Wiener Gemeindebezirk. 1887 wurde schließlich der eindrucksvolle sefardisch-türkische Tempel Im maurischen Stil in der Zirkusgasse 22 (1020 Wien) eingeweiht, in dessen Vorraum man mit den Porträts der Habsburger und der Osmanischen Regenten beiden Majestäten und beiden Heimaten loyale Reverenz erwies.

Ketubba in hebräisch-sefardischer Balkanhandschrift Rustschuk/ Russe 1806, Jüdisches Museum Wien

Im November 1938 wurde dieses Juwel Wiener Sakral- Architektur, so wie fast alle anderen Synagogen und jüdischen Bethäuser der Stadt, zerstört, die Träger dieser Gemeinde in der Folge zu einem großen Teil in den Tod deportiert. Die sefardischen Juden Wiens waren in vielfacher Weise Vermittler zwischen Ost und West, zwischen Orient und Okzident, zwischen Asien und Europa. Diese Vermittlerrolle spielten sie einerseits als Händler und Kaufleute, die Wolle und Baumwolle, Seide und Tabak, Zucker und Gewürze in den Westen importierten. Andererseits vermittelten sie vor allem auf kulturellem Gebiet. Sie richteten in Konstantinopel die erste Druckerei überhaupt ein und in Wien eine sefardische Presse, die den gesamten Balkan mit Literatur in der ihnen spezifischen Sprache, dem aus Spanien mitgebrachten Ladino bediente.

Worauf konzentriert sich die Ausstellung? Nur auf die Türken in Wien? Nein, auch auf die Wiener türkisch-jüdische Gemeinde, so weist sie doch auch auf weitere wichtige Aspekte der sefardischen Kultur hin: Beispielsweise darauf, dass wesentliche Impulse zur Weiterentwicklung der rabbinischen Tradition von sefardischen Juden ausgingen, dass sie die arabische Philosophie und Medizin für die westliche Welt erfahrbar machten, dass sie die reiche, mittelalterliche spanisch- jüdische Poesie weiter tradierten und übersetzten, und auch darauf, dass sie die Kabbala, die jüdische Mystik in die weite Welt der Diaspora exportierten.

Reise-Chanukkia, Balkan um 1700, Sammlung Max Berger
Die Wunderkinder des Galimir-Quartetts, Fotografie um 1915
Maria Magdalena Sevgen

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