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Nach dem gestrigen Massaker an Dürussen in Syrien folgt ein Hilferuf!

WIEN/BERLIN. Eine assyrische Aktivistin aus Deutschland ruft zur Hilfe für die Minderheiten in Syrien gegen die Regierung in Damaskus auf.

Ein Leserbrief einer Aktivistin der Assyrischen Autonomie Bewegung e. V. aus Deutschland erreichte uns nach dem gestrigen (14.07.2025) Dürussen-Massaker in der Region Suwaida in Syrien.

Laut deutschen und internationalen Medien (auch in der DW und der DPA) kam es dort zu einem Gewaltausbruch. Ein Bericht der DPA lautet beispielsweise wie folgt:In Syrien sind trotz der Bemühungen um mehr Stabilität bei erneuten Unruhen Dutzende Menschen ums Leben gekommen. In der südlichen Provinz Suwaida wurden bei Zusammenstößen bewaffneter Gruppen mindestens 89 Menschen getötet, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte. Unter den Toten seien 50 Angehörige der drusischen Minderheit, 18 Beduinen und 14 Regierungssoldaten gewesen. Dutzende Menschen seien zudem verletzt worden, einige davon lebensgefährlich. Unter den Opfern seien auch Kinder.“

Der assyrische Aktivist Charli Kanoun zeichnet ein anderes Bild: Er macht die aktuelle Damaskus-Regierung HTS unter Ahmet Al Schaare, auch bekannt als Al Jolani, verantwortlich.

Hier ist der Leserbrief aus Deutschland von Charli Kanoun, einem Aktivisten der Assyrischen Autonomie Bewegung e. V.

Die aktuellen Auseinandersetzungen zwischen der drusischen Bevölkerung und islamistischen Gruppierungen sind kein neues Kapitel im syrischen Drama, sondern Teil eines seit Langem bekannten Szenarios. Seit sich Abu Mohammed al-Jolani, ehemals Anführer der Al-Nusra-Front, in Idlib und Umgebung als neue Macht etabliert hat, gewinnen dschihadistische Gruppen immer mehr freien Raum. Unter seiner Duldung, wenn nicht gar mit seiner Zustimmung, sind sie in Regionen, in denen keine staatliche Ordnung mehr gilt, zu Herren über Leben und Tod geworden.

Die Leidtragenden sind wie so oft die Schutzlosen: religiöse und ethnische Minderheiten. Christen, Assyrer, Drusen und Jesiden – für sie bedeutet diese Machtverlagerung Unsicherheit, Vertreibung und oft auch den Tod. Kirchen werden geplündert, Dörfer entvölkert und religiöse Symbole entweiht. Die islamistische Agenda lässt keinen Platz für kulturelle Vielfalt – sie strebt nach Gleichschaltung durch Angst und Gewalt.

Was wir erleben, ist kein isolierter Konflikt. Es ist das systematische Zersetzen eines Landes, das einst für seine Vielfalt bekannt war. Heute hingegen werden Andersgläubige und ethnische Minderheiten gezielt ausgerottet. Und das Schlimmste ist, dass sich die Welt daran gewöhnt hat. Die internationale Öffentlichkeit reagiert, wenn überhaupt, nur mit Schulterzucken.

Doch für uns ist das kein Randthema. Es geht um unser Überleben. Als Assyrer, als Christen, als Gläubige, als Menschen. Wir gehören zu den ältesten Völkern dieser Region und werden dennoch so behandelt, als hätten wir nie existiert. Unsere Stimmen verhallen zwischen politischen Interessen und medialer Gleichgültigkeit.

Wir Assyrer wissen genau, wozu Gruppen wie jene um Jolani fähig sind. Wir haben Verbrechen gesehen, wir haben Terror überlebt. Unsere Klöster wurden niedergebrannt, unsere Kinder entführt und unsere Dörfer ausgelöscht. Selbst unsere Friedhöfe wurden nicht verschont. Das war keine Ausnahme, sondern Methode.

Es braucht mehr als Worte. Benötigt wird eine internationale Schutzmission für die bedrohten Minderheiten Syriens. Benötigt werden neutrale Kräfte, die in einigen Gebieten für Sicherheit sorgen, humanitäre Korridore sichern und das extremistische Treiben eindämmen. Ohne solchen Schutz wird sich die ethnisch-religiöse Landkarte des Nahen Ostens weiter leeren – und mit ihr ein ganzes Kapitel Menschheitsgeschichte.

Wenn sich die internationale Gemeinschaft nicht bald bewegt und keine Schutztruppen entsendet, dann sehen wir das Unheil bereits kommen. Das Schlimmste steht direkt vor der Tür. Noch haben wir die Möglichkeit zu handeln – aber vielleicht nicht mehr lange.

Charli Kanoun

Aktivist in der Assyrischen Autonomie Bewegung e. V.

Vorsitzender des Assyrischen Kulturvereins e.V. 

Andreas Günes

Redaktion, Türkische Allgemeine

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Andreas Günes

Redaktion, Türkische Allgemeine
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