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Birol Kilic, Analysen und Beobachtungen aus Wien, 25.03.2024

Europa ist zweifellos ein vielfältiger Kontinent der Freiheit, der Kriege und Katastrophen erlebt hat, aber auch viele Erfolge des engen Zusammenhalts, insbesondere in der EU, in der jedes Land und jeder Mensch seine eigenen Spuren dieser Einheit trägt. Die Perspektiven und Visionen für Europa sind subjektiv und hängen von den eigenen Erfahrungen und Erlebnissen ab. Von diesen Erfahrungen muss mehr gehört und gelesen werden. Nicht zuletzt um einer friedlichen Zukunft willen. Ich kenne beide Seiten mehr oder weniger aus Istanbuler und Wiener Perspektive.

Nun gibt es ein Buch, geschrieben von einem erfahrenen Journalisten, das ein gelebtes Europa mit Menschen verschiedensten Hintergründe widerspiegelt und genau diese Perspektive liefert.

“Erlebtes Europa: 14 Menschen – 3 Generationen – 1 Europa” lautet der Titel des neuen Buches aus dem Kremayr&Scheriau Verlag, in dem der erfahrene Journalist, Autor und derzeitige NEOS-Abgeordnete Helmut Brandstätter als Herausgeber mit anderen Menschen mit vielen Fragen und Antworten zusammengearbeitet und deren Erfahrungen zusammengetragen hat.

 

Gemeinsam Frieden und Harmonie bewahren?

In seinem neuen Werk bietet Brandstätter eine neue Perspektive auf Europa, indem er nicht nur 14 Menschen aus drei Generationen unter dem Titel “Jede Generation hat durch ihre Lebenswege einen anderen Blick auf Europa” ihre Erfahrungen aus ihrem eigenen Leben schildern lässt, sondern mit diesem Werk auch ein konkretes Ziel beschreibt: “Europa ist der schönste Kontinent, aber wir müssen gemeinsam Frieden und Harmonie bewahren”.

Mit Hilfe seiner Begegnungen mit beeindruckenden Persönlichkeiten möchte Brandstätter ein vielgestaltiges Europa zu einem spannenden Mosaik zusammensetzen. Eine Generation, die wie er noch im Zweiten Weltkrieg aufgewachsen ist, sieht für Brandstätter die Entwicklungspotenziale anders als eine Generation, die den Fall der Berliner Mauer selbst miterlebt hat.

Brandstätter ist überzeugt, durch die Begegnungen mit interessanten  Persönlichkeiten ein faszinierendes Mosaik eines facettenreichen Europas geschaffen zu haben, um sich gemeinsam für Frieden und Harmonie einzusetzen und diese Werte auch zu bewahren. Diesem Zweck soll auch sein Buch “Erlebtes Europa: 14 Menschen – 3 Generationen – 1 Europa” dienen.

Brandstätter zu Gast beim Verein
der Auslandspresse in Wien

Brandstätter, der kürzlich mit Mitgliedern des wichtigen “Vereins der Auslandspresse in Wien” ( Foreign Press Association in Vienna) zusammentraf, dessen Generalsekretär ich bin, ist derzeit Spitzenkandidat seiner Partei NEOS für die Wahlen zum Europäischen Parlament, die vom 6. bis 9. Juni 2024 stattfinden werden.

Brandstätter, der als Kind die unmittelbare Nachkriegszeit in Österreich miterlebt hat und heute Abgeordneter im österreichischen Parlament ist, erwähnte bei einem Treffen der “Foreign Press Association in Vienna” einige Punkte, die sich wie ein roter Faden durch das Buch ziehen:

“Unsere persönlichen Hoffnungen und Visionen entstehen aus unseren Erfahrungen. Sie werden auch von politischen Faktoren beeinflusst. Eine Generation, die im Zweiten Weltkrieg aufgewachsen ist, sieht Entwicklungsmöglichkeiten anders als eine Generation, die den Fall der Berliner Mauer hautnah miterlebt hat. Wer während der Pandemie zum ersten Mal mit Grenzkontrollen konfrontiert wurde, hat eine andere Zukunftsperspektive. 14 Persönlichkeiten aus drei Generationen sprechen über ihre Visionen und Ideen für die Zukunft Europas”.

Helmut Brandstätter hatte aus seiner Sicht viel zu erzählen. Wenn er spricht, hat er sehr viele Bilder vor Augen, bis ins Detail, und er möchte wie ein Buchautor alle Details wiedergeben, damit man, egal ob vor vierzig Jahren oder vor einem Jahr, das Problem und das Erlebte verstehen kann. Das verstehen wir… Als Journalist ist er viel gereist, hat viel gesehen, viel mit Menschen gesprochen und viel über seine sorgfältig bebilderten Reportagen nachgedacht. Er will die Welt verbessern, mit seinen Möglichkeiten, aber vor allem mit seinem Umfeld. Österreich, dann die EU… Und dafür ist das neue Buch da.

Das neue und 14 Menschen. Wer genau? Ich empfehle Ihnen, sich zu fragen, wer diese Menschen sind, bevor Sie ihre Ansichten in dem Buch mit dem Titel “Europa, wie gesehen und gelebt: 14 Menschen – 3 Generationen – 1 Europa” lesen.

Wer sind nun diese 14 Menschen aus drei Generationen und mit unterschiedlichen politischen Hintergründen, die in dem Buch vorgestellt werden, das Brandstätters eigene – nicht einfache – Analyse enthält? Googelt man ihre Namen, wird schnell klar, dass es sich um bemerkenswerte, aber auch bürgerliche Persönlichkeiten handelt: Hannes Androsch, Helmut Brandstätter, Christa Chorherr, Vedran Džihić, Koschka Hetzer-Molden, Othmar Karas, Judith Kohlenberger, Manfred Osten, Anna Pattermann, Fari Ramic, Anna Schor-Tschudnowskaja, Timothy Smolka, Anna Stürgkh und Martin Weiss.

Nicht umsonst wird das Buch so vorgestellt: “Aus der Sicht von Hannes Androsch, Koschka Hetzer-Molden oder der Ukrainerin Anna Pattermann ergeben sich spannende Perspektiven auf ein vielfältiges Europa. Ein Europa mit Brandstätter, europäische Erfahrungen und Reflexionen über Europa aus unserer Sicht”.

Eine kleine gelebte europäische Geschichte
von uns mit Brandstätter

Brandstätter ist Jahrgang 1955 und auch ich möchte, wenn ich darf, eine kleine Geschichte mit ihm erzählen. Eine europäische Geschichte, die anfängt, als ich an der Technischen Universität Wien studierte. Ich war um die zwanzig Jahre alt.

Wenn ich mich nicht irre, haben wir ihm, als er Anfang der 90er Jahre außenpolitische Sendungen im ORF gemacht hat, im Namen der European Union Turkish Academics Association, kurz EATA, einen diplomatisch höflichen Brief geschrieben, in dem wir unsere Einwände gegen die nicht objektive Behandlung der Türkei in der Sendung zum Ausdruck gebracht haben. Wir haben unsere Meinung zu den Themen, gegen die wir Einwände hatten, in gutem Deutsch mit kritischen Begründungen und Quellenangaben dargelegt.

Es gibt einen großen Unterschied zwischen der Türkei im Jahr 2024 und der Türkei Anfang 1990. In der Türkei hat der Staat der Republik Türkei, den wir in der Europäischen Union zum Wohle der Türkei nach Kräften unterstützt haben, sowohl die Demokratie als auch den Rechtsstaat, der im Rahmen der Gewaltenteilung herrschen sollte, fast abgeschafft.  Wir haben eine Türkei, die zum Zentrum der Korruption, der Bestechung und der organisierten Kriminalität in der Welt geworden ist, in der die Unzufriedenen die Mehrheit sind. Dazu trägt auch die Europäische Union bei.

Wir erhielten eine Antwort vom ORF, über die wir uns sehr gefreut haben. Später im Monat, bei einem Abendessen in der türkischen Botschaft in Wien, saßen unsere Stühle nebeneinander und wir hatten die Gelegenheit, mit Helmut Brandstätter über die Europäische Union, über die EU-Perspektiven der Türkei und über die Aufgaben, die die Türkei als säkularer demokratischer Rechtsstaat zu bewältigen hat, und über die Themen, die verbesserungswürdig sind, zu sprechen.

Wir begannen unser Gespräch am Eingang des Salons und ich sagte ihm, dass die Türkei ein unverzichtbarer Teil der Europäischen Union ist und, dass wir auf ihre Perspektiven achten sollten. Er teilte uns seine Ansichten in einer freundlichen Art und Weise mit und wir gingen zu anderen Themen über. Österreich war damals noch nicht in der EU, es ist erst seit dem 1. Januar 1995 Vollmitglied der EU. Und die Türkei hat erst seit dem 1. Januar 1996 eine Zollunion mit der EU.

Kein Vollmitglied hat eine solche Zollunion mit der EU vor der Vollmitgliedschaft akzeptiert. Denn sie wussten, dass sie damit in der EU zweitklassig sind und nie, oder nur unter sehr schwierigen Bedingungen, Vollmitglied werden. Die Türkei wurde von der damaligen Ministerpräsidentin der bürgerlichen Partei DYP über den Tisch gezogen mit dem Versprechen: “Wenn wir ab 1.1.1996 eine Zollunion mit der EU abschließen, dann sind wir spätestens im Jahr 2000 Vollmitglied der EU”. An Lügen ist noch niemand gestorben. Tansu Ciller lebt noch und ist als die korrupteste und mafiöseste Politikerin in die Geschichte eingegangen, in einer Zeit, in der viele Menschen im Auftrag der Ciller-Regierung plötzlich verschwanden. Sie präsentierte sich als moderne Frau und hat so viel Böses getan, dass die Türkei heute von 2002 bis 2024 die Regierung in Ankara hat und noch tiefer gefallen ist.

Sie unterstützt jetzt die Regierung in Ankara, weil sie in Istanbul am Meer ein nicht von der Regierung genehmigtes Grundstück mit einer Unterschrift als teures Bauland parifizieren will. Stellen Sie sich vor, Neustift im 19. Bezirk wird von der Regierung in Wien einfach zu Bauland erklärt. Das passiert täglich. Sogar die Wälder im Süden, in der Agais, werden dafür niedergebrannt. Korruption, Ungerechtigkeit und Raubbau an der Natur im Interesse der Regierung und der ihr nahestehenden Banden. Die Türkei hat so viel europäische Geschichte, christliche Geschichte, Menschheitsgeschichte… Unglaublich, wie die Ankara Regierung jetzt durch die Beschwichtigungspolitik der EU wegen der illegalen bzw. irregulären Migration sogar noch unterstützt wird…

Fakten zur Zollunion EU-Türkei

Die Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU hat nichts mit der Zollunion zwischen der Türkei und den EU-Ländern zu tun, die seit dem 01.01.1996 in Kraft ist. Das EU-Parlament hat diese Zollunion vor dem 01.01.1996 ratifiziert, das türkische Parlament nicht. Kein anderes EU-Vollmitglied hat ein ähnliches Zollunion-Abkommen mit der EU, weil es mehr Nachteile als Vorteile bringt.

Besser wäre und ist ein ehrliches „Freihandelsabkommen“ der EU mit der Türkei, wie es die EU bereits mit 40 Ländern abgeschlossen hat. Wir müssen in aller Freundschaft und Höflichkeit warnen: Die Zollunion der EU mit der Türkei gleicht einem Missbrauchsverhältnis, das nicht auf Augenhöhe stattfindet, sondern den Charakter einer Versklavung, einer Kolonialherrschaft oder zumindest einer Unterwerfung der Türkei unter das Joch der EU hat. Das kann nicht gut gehen. Mit der Zollunion-EU hat die Türkei bis heute einen Großteil ihrer nationalen Souveränität an Brüssel abgetreten, ohne in der EU-Zentrale irgendeinen Einfluss, nicht einmal einen Beobachterstatus, auf den multinationalen Entscheidungsprozess (eigene Zölle) zu haben.

Probleme mit der Zollunion

Viele österreichische Unternehmen, die in die Türkei exportieren oder Geschäftsbeziehungen mit der Türkei haben, sind mit sehr vielen Problemen konfrontiert.

Vordergründig deshalb, weil die EU nach langen Diskussionen und unter Einbringung der Interessen der Mitgliedsstaaten mit 40 Ländern weltweit Freihandelsabkommen abgeschlossen hat. Die Interessen der Türkei wurden jedoch nicht berücksichtigt und es blieb bei einer Zollunion. Auf die türkische Wirtschaft wurde und wird keine Rücksicht genommen.

Die Türkei hat ein Zollabkommen mit der EU, als einziges Land, das nicht Vollmitglied ist, und muss sich somit diesen 40 Ländern anpassen. Warum gibt es mit der Türkei kein gesundes Freihandelsabkommen wie mit den anderen EU-Ländern?

Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) hat einen ABC-Indikator zur Türkei veröffentlicht, in dessen Rahmen eine Umfrage unter österreichischen Niederlassungen in der Türkei durchgeführt wurde. Laut dieser Umfrage von Advantage Austria der Wirtschaftskammer Österreich antworteten 76,2% der Befragten auf die Frage, ob eine Erweiterung der EU-Türkei-Zollunion Vorteile für die Unternehmen bringen würde (z.B. Abbau von nicht-tarifären Handelshemmnissen, Einbeziehung von Dienstleistungen und Agrarprodukten in das Abkommen) mit „Ja“. Auch die Frage, ob sich die politischen Spannungen zwischen Österreich und der Türkei negativ auf die Geschäftsbeziehungen auswirken würden, wurde von 60,7% der Befragten mit „Ja“ beantwortet. Diese Umfrage spiegelt generell den Einfluss der aktuellen Missstände wider, aber auch den Wunsch der österreichischen Unternehmer, die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern zu verbessern.

Online-Umfrage im Oktober 2017 unter österreichischen Niederlassungen in der Türkei WKÖ -AußenwirtschaftsCenter:

Die EU und Istanbul

Die Türkei erwartet ein großes Erdbeben in der 20-Millionen-Metropole Istanbul. Jeder weiß das. Es wird nicht nur eine menschliche und wirtschaftliche und Katastrophe, die die EU am stärksten zu spüren bekommen wird, sondern auch eine Naturkatastrophe. Die Regierung in Ankara hat alle Grünflächen, auf denen sich die Menschen im Falle eines Erdbebens versammeln sollten, zu Bauland erklärt und große und teure Gebäude errichtet, die in Wirklichkeit Ihre Gräber sind. Wenn der Rechtsstaat bewusst zerstört wird, wird es 2024 eine Türkei geben, die nach außen modern, aber nach innen verrottet ist… Die EU hat hier einen großen Fehler gemacht und korrigiert ihn nicht. Ganz im Gegenteil. Die EU macht die Türkei zum Migrantengrab oder zum Sumpf der EU.

Die EU ist heute nicht das eigentliche Problem. Das wirkliche und grundlegende Problem ist die Regierung in Ankara und ein seltsamer Mob. Diesen hat die Regierung aus Hass auf die von Atatürk gegründete moderne türkische Republik, auf das in 100 Jahren seit dem 23.10.1923 aufgebaute Eigentum der Republik und auf die Natur, die sie durch Immobilienspekulation auf Gemeinde-, Wald-, Meeres- und Staatsland mit der Regierung für ihre Verwandten oder Banden zerstört haben, und auf den lahmgelegten, halbwegs funktionierenden und verbesserungsbedürftigen demokratischen Rechtsstaat, den es zu entwickeln gilt, geschaffen.

Ihr Ziel ist es, der Verfassung der Türkischen Republik den Todesstoß zu versetzen und die Türkei in ein Taliban-Land zu verwandeln. Das sind die Themen, die in der Türkei diskutiert werden und die auch für die EU eine große Bedrohung darstellen. Die EU verschließt mit ihrer Appeasement-Politik die Augen davor, dass sich ein Nachbarland in allen Bereichen in einen Sumpf verwandelt. Dieser Sumpf wird die EU, die Sie indirekt mit aufgebaut haben, verschlingen. Daran besteht kein Zweifel.

Die Türkei wird der größte Sumpf der EU werden, wo die EU versucht, ihren illegalen Migrationsstrom auch in die Türkei hier zu speichern und damit die Türkei vor große Probleme stellt. Vor allem mit dieser korrupten Regierung in Ankara.

Die BürgerInnen aus der Türkei wollen, dass die EU die Beziehungen mit der Türkei aufrechterhält, besonders wenn es um Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung, Grundrechte, Umwelt, Pressefreiheit und um die säkulare Verfassung in der Türkei geht, damit man hier einen demokratischen Druck ausüben kann. Die EU hat bisher leider in vielen Bereichen eine doppelmoralische Politik gegenüber der Türkei betrieben, weshalb sich die Regierung in Ankara ab 2010 auch gerne von einer halbwegs demokratischen, freiheitlichen, säkularen Verfassung mit Gewaltenteilung distanziert hat.

Im Jahr 2024 werden weder Brandstätter noch unsere Freunde, die in den letzten Jahren mit ihren Publikationen in türkischer und deutscher Sprache den Gedanken “Die Türkei ist ein Land, das Vollmitglied der EU sein sollte” geschrieben und umgesetzt haben, sprechen oder schreiben. Das wäre lächerlich. Ich habe oben über das wirkliche Problem geschrieben, und es tut mir wirklich weh, darüber zu schreiben. Ich übertreibe nicht, vielleicht untertreibe ich sogar. Die Türkei ist heute ein riesiger Tümpel, ein Gefängnis und “das Land der unglücklichsten Menschen in einem der schönsten Länder der Welt”.

Wien, wohin ich mit 19 Jahren kam und das seit über dreißig Jahren mein Lebensmittelpunkt ist. So klein kommt es mir vor, wenn ich mit 19 Jahren aus Istanbul komme. Je älter ich werde, desto mehr wird mir bewusst, wie groß Österreich – vor allem Wien – ist, das mir anfangs so klein erschien. Vor allem als Verlagsgründer mit seriösen Werken und als Unternehmer. Vor allem mit seiner 1000-jährigen Geschichte voller Höhen, Tiefen und Tränen, aber auch ehrenvoll und beispielhaft für die ganze Europäische Union…

Jetzt werden wir auch in Wien direkt oder indirekt von den Horden der Regierung bedroht, weil wir unsere freie kritische Meinung äußern und für eine bessere EU-Nachbarschaft der Türkei schreiben, dass die Türkei ein liberaler, pluralistischer und säkularer demokratischer Rechtsstaat sein soll. Wir haben vor niemandem Angst, im Gegenteil, diejenigen, die dieses Land in diesen Zustand gebracht haben, sollten sich schämen! Ganz zu schweigen von den Versuchen der EU, die Türkei in ein Gefängnis für irreguläre oder illegale Einwanderer zu verwandeln.

Die Regierung in Ankara hat dies überhaupt erst zugelassen bzw. in diesen Zustand gebracht, damit die moderne Türkei und ihre bürgerliche Mittelschicht die Menschen in Armut und Angst verschwinden lässt und damit sie alle Wahlen gewinnt. Schrecklich… Sind es die Patrioten der Türkei, die die Türkei in diesen Zustand gebracht haben?

Was macht Österreich aus?

Die Frage: “Was macht Österreich zu Österreich?”, ist nicht leicht. Ist es die Schönheit der Natur oder die Geschichte? Meine Antwort wäre ein klares Nein. Meine Antwort wäre zweifellos die Menschen in Wien, einer der wichtigsten Städte Europas, und in ganz Österreich. Menschen aller Couleur, das mag für viele seltsam klingen, aber wenn man tiefer gräbt, sind es Menschen aller Couleur, die dieses Land über Wasser halten. Es sind österreichische Patrioten. Keine Rassisten, keine Rechtsnationalen, sondern Patrioten.  Brandstätters “Europa gesehen und erlebt: 14 Menschen – 3 Generationen – 1 Europa” ist ein wichtiges Werk für türkischstämmige ÖsterreicherInnen. Nicht nur um Österreich zu verstehen, sondern auch um Europa und die Europäische Union zu verstehen und um die Menschen zu verstehen, die ihre Heimat Österreich lieben.

Österreich hat ein eigenes Korruptionsproblem, das unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung schnell zu einem ähnlichen Sumpf werden lassen kann, wie wir ihn in der Türkei bereits erleben. Diese Entwicklung müssen wir durch Gewaltenteilung und eine freie und unabhängige Presse als vierte Gewalt im Staat verhindern. Gerade in Wien, das von Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung geprägt ist, wollen wir einen Hort des Glücks und des Friedens schaffen.

Für uns gibt es anständige und unanständige Menschen. Die Anständigen sind unser größtes Kapital und wir streben danach, zu ihnen zu gehören. Ich und viele MigrantInnen, die in Österreich ihren letzten Halt gefunden haben und bedrückt auf die schlimmen Erfahrungen in ihren Heimatländern zurückblicken, wissen, dass Rechtsstaatlichkeit und Säkularität der Sauerstoff eines funktionierenden Rechtsstaates sind und dass mit diesen Werten nicht gespielt werden darf. Denn wir wissen, dass die Sprachen der Korruption Scheinheiligkeit und Heuchelei sind. Wir müssen uns vor allem vor denjenigen in Acht nehmen, die sich als Aufdecker ausgeben und dann, wenn sie an die Macht gekommen sind, die Rolle der Vertuscher und Zudecker spielen.

Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
fallen nicht vom Himmel

Mit den jetzigen Problemen innerhalb Europas stellt sich die Frage, wie sich die Perspektiven verändern werden und welches Europa uns bevorsteht. Klar ist, dass die grundlegenden Werte, auf die unser Zusammenleben aufbaut, beschützt werden müssen: Frieden und Demokratie. Werte, die vor allem in einem Rechtsstaat, ohne Korruption, ein Rechtsstaat mit klarer Gewaltenteilung und einer Verfassungsordnung, die freiheitlich ist und die Vielfalt der Menschen respektiert, wesentlich sind. In diesem demokratischen System müssen wir arbeiten, unabhängig von unserer Herkunft, in erster Linie als österreichische Staatsbürger, aber auch wenn wir es nicht sind und Österreich unser Lebensmittelpunkt ist, Wir müssen wissen, dass diese Werte nicht vom Himmel fallen.

Wenn wir “Erlebtes Europa” aus dem Munde von 14 Menschen aus 3 Generationen lesen, könnte es vielleicht ein kleines Rezeptbuch für uns sein, um aus ihren Erfahrungen zu lernen, wie wir ein starkes und friedliches Europa schaffen können. Vielleicht nicht heute, aber mit Sicherheit für morgen.

INFO

Helmut Brandstätter, geboren 1955, Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Von 1982 bis 1997 beim ORF in Wien, Bonn und Brüssel als Redakteur, Korrespondent und Hauptabteilungsleiter Politik und Zeitgeschehen. Anschließend Chefredakteur und Geschäftsführer von n-tv, Berlin. Mitbegründer und Geschäftsführer von PulsTV. Von 2010 bis 2018 Chefredakteur und von 2013 bis 2019 Herausgeber des KURIER. Seit 2019 Abgeordneter zum Nationalrat für die NEOS. Autor zahlreicher Bücher im Verlag Kremayr & Scheriau.

Erlebtes Europa

Herausgegeben von Helmut Brandstätter
Hardcover mit Schutzumschlag gebunden
Kremayr&Scheriau Verlag
208 Seiten, Format 13,5 x 21,5
24,00 €
ISBN: 978-3-218-01418-2

Birol Kilic

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